Bandgeschichte

Chronologisch rückwärts von heute bis zur Gründung 1970 in großen Schritten


Günther Liebetruth

Geboren am 15.05.1943, lernte er zunächst mit 16 Jahren Gitarre und bewegte sich in der Skiffel Szene. Mit 19 Jahren brachte er sich das Klarinettenspiel im Selbststudium bei und startete sein Physikstudium. Wenig später stieg er bei den JAILHOUSE JAZZMEN ein, die 1967 im AUDIMAX zur beliebtesten JAZZ BAND Hamburgs gewählt wurden. Trotz eines reichhaltigen Repertoires von 400 Stücken und sogar erfolgter Schallplattenaufnahmen fehlte Ihm die musikalische Erfüllung. Nach der Gründung seiner eigenen Band zusammen mit Wolf Delbrück, den SOUTHSIDE WASHBORD KINGS, spielte er 1969 bereits regelmäßig in der Seglerbörse in Neumühlen.

 

Mit Gewinnung von Rolf Klingelhöfer, Peter Meyer, Gunther Andernach und Rudgar Mumssen für die Band, kam es dann 1970 zur Umbenennung und somit der Geburt der JAZZ LIPS. Günthers Vorbilder waren und sind eindeutig in Johnny Dodds und Sidney Bechet sowie der Musik um King Oliver und Louis Armstrong Hot Five und Hot Seven zu finden. In den goldenen 70ern waren die Terminkalender erstaunlich voll und in der berühmten „Hamburger Szene“ war mit MEYERS DAMPFKAPELLE von Peter „Banjo" Meyer“ ein weiteres Standbein für Günther entstanden. Später gründete Günther parallel zu den JAZZ LIPS eine kleine Band, die als Hot Reeds zusammen mit Ralf Böcker die Szene belebte. 

Natürlich werden uns die creolischen Texte, der Scat Gesang und das unnacharmliche "Liebtruphon" ebenso fehlen wie das einzigartige und oft scheinbar unspielbare Klarinettenspiel von Günther, einem wirklichen Original der Hamburger Szene. Günther Liebetruth, der Gründer der JAZZ LIPS, hat sich zum Ende 2022 schweren Herzens, aber aus freien Stücken von der JAZZ LIPS Bühne, die ihm über 60 Jahre lang so viel bedeutete, zurückgezogen. Seine kleine Band HOT REEDS wird er aber weiter entwickeln.

 


 

über 50 Jahre JAZZ LIPS

Jahre 2020 feierten die JAZZ LIPS Ihr 50 jähriges Jubiläum. Aus diesem Anlass wurde eine Doppel CD aufgelegt, die das Beste aus 10 Alben der JAZZ LIPS Ära serviert. Ein Konzert mit Einladung vieler Freunde der Band musste wegen Corona leider ausfallen. Zum Neustart im Januar 2022 fingen wir unseren neuen Mann am Schlagwerk - Thomas Planthaber - ein, der die Band fortan mit allen nötigen Rhythmen von NEW ORLEANS Parade bis Swing hervorragend versorgt.

 

Nun soll es mit der Weiterentwicklung der Band weitergehen, die wegen des langen Stillstands lange nicht in seiner Originalbesetzung spielen und wirken konnte.


 

Peter "Banjo" Meyer

Kein anderer Musiker hat die JAZZ LIPS mehr geprägt, gefordert und gefördert. Umso trauriger ist sein Abschied nach 48 Jahren JAZZ LIPS und 60 Jahren Bühnenpräsenz. Aber seinem eigenen hohen Anspruch an sein Banjospiel kann er wegen einer heftigen Arthrose in den Händen nicht mehr gerecht werden. Neben der Produktion nahezu aller CDs/ LPs und der Ausgabe einer Bandgeschichte zum 25.Jubiläum der Band war er in beispielloser Art auch die treibende Kraft für den traditionellen Jazz in Hamburg und ein Botschafter seines Instrumentes. 

Neben seinem Engagement für „seine“ JAZZ LIPS gründete er zur Zeit der Hamburger Szene die MEYERS DAMPFKAPELLE, später entwickelte er weitere eigene Produktionen wie das INTERNATIONALE BANJOFESTIVAL und das jahrelang sehr erfolgreiche JAZZ GIANTS Projekt, mit dem er unzählige internationale Musiker aus Europa und den USA zusammenbrachte. Seine Mitwirkung an Tourneen, Projekten und Tonaufnahmen war nahezu endlos. Diese war nur durch eine fünfjährige Wirkung bei der Merry Tale Jazzband unterbrochen, die durch den Einstieg von CHRISTOPH CRINGLE von 1980 - 1985 mehr als kompensiert werden konnte. Nun war es an der Zeit, Peter in den Feierabend zu entlassen und wir werden weiterhin in seinem Sinne die Band und die Liebe zum New Orleans-Jazz weiterführen. Peter angagiert sich nun bei SCHWINIGNG HAMBURG und übernimmt seit 2023 die komplette Produktion des vereinseigenen Heftes als Redakteur, Layouter und versüßt das Ganze mit Anekdoten und Foto`s aus eigenem Erfahrungschatz.

 


 

norbert wicklein

Nach 2 „Washboardern“ (Gunther Andernach und Norman Tchilinghyrian) kam 1993 ein gelernter Drummer zur Band. Norbert hatte schon im Osten Deutschlands eine beachtliche Karriere hinter sich mit zahlreichen Bands, dann 1986 landete er beim BLAMU JATZ ORCHESTRION, mit denen er begann, den Jazz zu lieben.  Während seiner unzähligen Reisen durch Europa lernte er schon viele Musiker kennen und 1993 führte ihn sein Weg zu den JAZZLIPS. Von da an folgten viele Jahre als swingender, groovender Drummer mit seinem ganz. Von da an folgten viele Jahre als swingender, groovender Drummer mit seinem ganz eigenen marschierendem Parade-Beat. Außerdem war sein Repertoire an Witzen  unerschöpflich, was häufig die Stimmung backstage noch besser werden ließ. Es waren bis 2018 wirklich erlebnisreiche Jahre mit Norbert, aber manchmal geht eine Tür zu und man muss schauen, wo eine andere sich öffnet. 

 


 

2015 - 2009

Die Zeit, in der Thomas Niemand an der Trompete uns begleitet hat, war auf seine Art sehr inspirierend. Neben seinem schwingenden Spiel am Instrument zeigte er auch beim Gesang als bislang einziger Trompeter der Bandgeschichte sein Talent. Durch seine offene und positive Art hatte er neben Peter Meyer auf der Bühne den engsten Kontakt zum Publikum. Zudem konnte er auf Touren durch Dänemark (Kopenhagen - Femö) 

seine dänischen  Sprachkenntnisse hervorragend einbringen.

In dieser Zeit spielten die Jazz Lips eine CD (My Darling N.O.) mit so wundervollen Gästen wie Gregory Boyd (Steel Pan) und Lillian Boutte´ ein. Diese Aufnahmen sollten (leider) wohl die letzten für diese großartige Botschafterin des Jazz gewesen sein.


Joachim Refardt

Unser „Baby“ Joachim geboren im Gründungsjahr der Band und aufgezogen mit den ersten LP-Aufnahmen der JAZZ LIPS. Unser Joachim an der Trompete ist eigentlich auch ein Mann am Piano, oder am Banjo, oder er schreibt für die eigene Band oder im Auftrag. Manchmal produziert er auch ganze Werke, einfach so.
Die Band war ihm so dankbar, als er 2004 das Zepter von Rolf übernahm und seinen musikalischen Einfluss geltend machte. Aus o.a. Gründen musste er 2008 als festes Mitglied aus beruflichen Gründen aufhören und wurde für viele Jahre von Thomas Niemand abgelöst. Von 2015-2016 hat Joachim nochmals ausgeholfen und auch jetzt wird er immer mal wieder bei uns einsteigen, ist nicht "aus der Welt", wie man so sagt. Wie auch, die Welt des Jazz ist klein. Und das freut uns alle immer sehr !!

 


Rudgar Mumssen

* 15. November 1936  +10. August 2024

 

Rudgar war Anfang der 50er Jahre einer der Gründerväter der Hamburger Jazz-Szene. Abbi Hübner und seine JAILHOUSE JAZZMEN   suchten einen neuen Posaunisten. Rudgar Mumssen spielte seinerzeit noch Trompete, legte diese jedoch beiseite und stieg auf die Posaune um und wurde neben Abbi Hübner einer der stilprägenden Musiker der jungen Hamburger Jazz-Szene. Einer der Höhepunkte dieser Entwicklung waren für Rudgar 1958 Schallplattenaufnahmen in Kopenhagen für das Label „Storyville“. Als unser Günther Liebetruth ihn 1970 überzeugt hatte, in seine neu gegründete Band JAZZ LIPS einzutreten, endete seine Ära bei den JAILHOUSE JAZZMEN

 

Seine Fähigkeit sehr stimmige Arrangements für die Band zu schreiben, prägten entscheidend den Sound der Band. Mit seiner Bühnenpräsenz, seinem ausdrucksstarken und kraftvollen Spiel war er Publikumsliebling und einer der Garanten des Erfolges dieser neuen Band. Bei seinem ausgedehnten Posaunensolo in Kid Ory‘s „Savoy Blues“ pflegte er von der Bühne zu steigen, sich unter das Publikum zu mischen und mit seiner Posaune bei den anwesenden Damen größtmögliche Aufmerksamkeit zu wecken. Neben den JAZZ LIPS hatte sich Rudgar zusammen mit seiner Frau Ulla als RAGTIME RUDI auf den Weg gemacht und spielte begleitet von einer Imitation eines Leierkastens seine Lieblingsmelodien auf so manchen Festen. So wird er uns als durch und durch charismatischer Musiker und Bandkollege gut in Erinnerung bleiben.

 



2009 - 2005

Rolf Klingelhöfer (Cornet) verstarb am 26. August 2004 nach langer Krankheit. Dies war ein herber Verlust für die Band und deren unverwechselbaren Sound. Der Pianist und Arrangeur Joachim Refardt wurde bereits im Kindesalter von Aufnahmen der Jazz Lips infiziert, die sein Vater (selbst Banjospieler) ihm vorspielte. Er war Feuer und Flamme, als er von der Band gebeten wurde, sein Trompetenspiel für die Jazz Lips zu intensivieren. Als der Posaunist Rudgar Mumssen Ende 2009 die Band verließ, war Hauke Strebel gerade dabei, seinen beruflichen Ausflug in die Schweiz zu beenden. Wir freuten uns über seine zu uns passende Stilistik und die Tatsache, daß wir mit den beiden Neuzugängen den Altersdurchschnitt deutlich senken konnten. In dieser Zeit nahm die Band eine CD zum 30 jährigen Bestehen mit dem Untertitel "Mardi Gras Parade Music" auf. 


 

Rolf Klingelhöfer

*23. April 1942  +26. August 2004 

Für Rolf begann die unüberhörbare Liebe zum New Orleans Jazz der 20er und 30er Jahre mit der ersten Schallplatten von Joe "King" Oliver und Louis Armstrong. Er gründete seine erste Band während des Architekturstudium in seiner Heimatstadt Marburg und es gab reichlich Auftritte. Nach Abschluß des Studiums 1969 kam Rolf in die JAZZ Stadt nach Hamburg wo Günther Liebertruth Ihn 1970 bei den SOUTHSIDE WASHBOARD KINGS anheuerte, die schon bald in JAZZ LIPS umbenannt wurden. Rolf`s Horn - "heiß" und "blau" gespielt - war strahlender Mittelpunkt der Frontline. Bis auf eine kleine kreative Pause von drei Jahren, die VOLKER RECKEWEG zu füllen wusste, war Rolf bis zu seinem Tode das weithin hörbare Aushängeschild der Band. Mit seinem Ideenreichtum erzählte er auf dem Kornett unendliche melodische Geschichten. Seine Frau und größter Fan an seiner Seite hat bis heute das erlebnisreiche Geschäft im Management der Band übernommen.

 

Gunther Andernach

 

Das Waschbrett war fester Bestandteil von Jazzbands wie die von Clarence Williams. Später hat das inzwischen seltene Rhythmusinstrument in den Skiffle Bands Platz gefunden. Gunther passte daher sehr gut zu den JAZZ LIPS als Gründungsmitglied und steuerte als begnadeter Grafiker zum unverwechselbaren Erscheinungsbild von Schallplatten - Covers der Band und der gesamten Szene bei. Er ist mit seiner percussiven Spielweise und Anleihen von Floyd Casey und Jesper Taylor nach wie vor unangefochten der ! Washborder in Deutschland. Im Jahre 1988 wechselte er zu den JAZZ O`MANIACS , die noch heute in der Hamburger Szene aktiv sind. Neben CLAUS JACOBIS BOTTOM LAND ORCHESTRA ist Gunther an vielen kleinen und großen Projekten beteiligt. Eine der aktuellen und sehr erfolgreichen Bands ist JAWBONE aus Hamburg, die Musik aus Folk, Bluegrass und Blues verbinden. Sein Sohn Philip Morton Andernach hat übrigens die Leidenschaft mit seinem Baritonsaxophon zum Beruf gemacht und gründete 2013 die weltweit erfolgreiche Hamburger Band MEUTE. Gunther ist seit 2024 angagiert im Vorstand des SWINGING HAMBURG tätig.


 

2004 - 1987

Neue Musiker sind dazugekommen und wieder gegangen über die Jahre, aber stets blieb die Kontinuität in der Band erhalten. Nach dem Weggang von GUNTHER ANDERNACH kam 1988 NORMAN TCHILINGHIRYAN und später 1993 NORBERT WICKLEIN - beide studierte Schlagzeuger - zu den JAZZ LIPS. Auf den ersten Mann am Sousaphon EDE WOLF folgte 1977 HELMUT RODCK, der 1984 von FARNK HEIDLINDEMANN abgelöst wurde. Ab 1987 spielte dann HENDRIK JAN TJEERDSMA die Tuba. Die Band nahm 1990 bereits ihre neunte LP auf. Wie schon in den 70er und 80er-Jahren blieben die Kalender der JAZZ LIPS mit Terminen gefüllt.Jedes Wochenende war man angefragt. In den diversen Hamburger Clubs, Gastauftritte in ganz Deutschland und natürlich auch Festivals im Ausland und auf See (Jazz-Kreuzfahrten). „Unsere“ Fans begleiteten uns im Bus zu Auftritten im süddeutschen Raum und als Highlight eine gemeinsame Reise nach New Orleans, der Wiege des Jazz in 1992. Es war nicht immer leicht, die Berufstätigen und die Vollzeitmusiker unter einen Hut zu bekommen, aber meistens klappte es. Nach und nach erledigte sich dies Problem aber von selbst, da es leider, leider einen Abschwung für den traditionellen Jazz gab. 


 

1987 - 1970

Es war einmal……

 

Genauso fangen ja bekanntlich viele Erzählungen an.

Es waren einmal sieben talentierte, enthusiastische Musiker im Jahre 1970, die sich zusammentaten, nicht um sich der damals gängigen Beatmusik, sondern dem traditionellen Jazz der New Orleans - Größen zu widmen. Daraus wurde dann im Laufe der vielen Jahre mehr als ein Sommermärchen, sondern eine wirkliche Erfolgsgeschichte, die noch bis heute andauert.

Diese glorreichen, jungen, begeisterten und begeisternden Jazzer mischten die Hamburger Szene umgehend auf mit ihrem ganz eigenen Stil.